Erschienen am 02.10.2012
General Anzeiger Bonn
BONN. Für die Autofahrer kommt es nächstes Jahr in der Bundesstadt offensichtlich noch schlimmer als bisher gedacht: Neben der geplanten provisorischen Sanierung des Tausendfüßlers – der Spannbetonbrücke der Autobahn 565 zwischen Endenich und Bonn-Nord – sowie der Sanierung der Nord- und der Viktoriabrücke soll ab Mitte 2013 auch noch der Kanal unter den Autobahnen 555 und 565 zwischen Friedrich-Wöhler-Straße und Lievelingsweg erneuert werden.
Eine teilweise nicht ganz „unproblematische“ Maßnahme, räumt das städtische Presseamt auf GA-Nachfrage ein. Denn an einer Stelle muss die A565 (Tausendfüßler) in offener Bauweise gequert werden. Dass das drastische Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben wird, liegt auf der Hand.
Doch die Sanierung sei zwingend notwendig, weil der 76 Jahre alte Kanal einsturzgefährdet sei und dringend erneuert werden muss. Er verläuft unterhalb des Autobahnkreuzes Bonn-Nord. Der neue Kanal soll parallel dazu verlegt werden. Der größte Teil in geschlossener Bauweise, was laut Stadt ohne wesentliche Beeinträchtigungen des Verkehrs vonstatten gehen könne.
Fest steht, dass lediglich die A555 zwischen Bonner Verteilerkreis und Köln und die Auffahrt von der A565 aus Richtung Siegburg in Richtung Köln nicht von den Bauarbeiten betroffen sein werden. Sperrungen wird es in beiden Richtungen auf dem Tausendfüßler sowie bei der Auffahrt aus Richtung Köln (A555) auf die A565 in Richtung Siegburg geben müssen.
Hierzu habe man in Abstimmung mit Vertretern des Landesbetriebes Straßen NRW ein Verkehrsführungskonzept in Auftrag gegeben, welches mit der Bezirksregierung Köln noch abgestimmt werden muss.
Da bleibt der schwarz-grünen Ratsmehrheit nur noch, ein umfassendes und weitsichtiges „Baustellen-Organisationsmanagement“ zu fordern. Und dazu gehört „eine komplette Aufstellung aller geplanten Verkehrsbaumaßnahmen für die Jahre 2013 bis 2017, die zu einer Beeinträchtigung auf den wichtigsten Bonner Straßen führen können“.
Indes: Panik oder eine Phantomdebatte über mögliche Horrorszenarien seien völlig überflüssig, sind CDU und Grüne überzeugt. Die Autofahrer in Bonn müssten mit den vorhandenen Straßen- und Verkehrsführungen klar kommen, sind sich Wilfried Reischl und Rolf Beu, die Planungs- und Verkehrssprecher von CDU und Grünen, einig. Sie gehen davon aus, dass alle Maßnahmen sinnvoll aufeinander abgestimmt und zeitlich entzerrt werden, damit etwa der Schienenersatzverkehr mit Bussen während des ebenfalls in den nächsten Jahren geplanten Ausbaus der Bahnstrecke Bonn-Euskirchen nicht im Stau stecken bleibt.
Frank Thomas, verkehrspolitischer Sprecher der FDP, ist dagegen angesichts der Baustellen-Szenarien der nächsten Jahren schon sehr besorgt. Er fordert, die Region müsse jetzt an einem Strang ziehen. Zudem müsse der dreistreifige Ausbau der A 565 umgehend auf die Tagesordnung. Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis müssten gemeinsam dafür sorgen, dass die Projekte mit hoher Priorität in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden.
Die SPD sieht in der Verbreiterung des Tausendfüßlers die Chance, endlich auch den seit langem diskutierten Lärmschutz verwirklichen zu können. „Während der Sanierungszeit des Tausendfüßlers erwarten wir von der Stadtverwaltung und vom Landesbetrieb Maßnahmen, wie das Chaos reduziert werden kann“, sagte Werner Esser, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion.
Für Holger Schmidt, Planungssprecher der Linksfraktion, bleibt den Autofahrern angesichts der zahlreichen Großbaustellen in den nächsten Jahren wohl nur eines übrig: „Auto stehen lassen, Mitfahrergruppen bilden, Fahrrad oder ÖPNV benutzen.“ Dafür könnten auch Stadt und Verkehrsbetriebe etwas tun, meint er und schlägt vor, eine Woche kostenlosen Nahverkehr zu Beginn der Brückensanierungsarbeiten anzubieten.
Ministerium erklärt Umleitung für Schwerlastverkehr eine Absage:
Eine großräumige Umleitung des Schwerlastverkehrs hatten Bonner Kommunalpolitiker vorgeschlagen, damit nächstes Jahr auf die mehrere Millionen teure provisorische Sanierung des Tausendfüßlers verzichtet werden kann. Diesem Vorschlag erteilt nach dem Landesbetrieb Straßen NRW jetzt auch das Bundesverkehrsministerium eine Absage.
Auf Nachfrage erklärte die Pressestelle des Ministeriums: „Eine großräumige Umleitung wird aufgrund der hinlänglich bekannten verkehrlichen Situation im Raum Bonn kaum realisierungsfähig sein. Erschwerend kommt hinzu, dass die in den nächsten Jahren ebenfalls für eine Reihe weiterer, verkehrsbedeutsamer Streckenabschnitte anstehenden Erhaltungsmaßnahmen der Verfolgung einer langjährigen Überbrückungsstrategie entgegenstehen. Eine abschließende Einschätzung bedarf jedoch einer umfassend angelegten verkehrlichen Untersuchung des Großraums Bonn.“
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