Landtag

Signale auf freie Fahrt – ÖPNV attraktiv, innovativ und transparent gestalten

 

Rede zum Abschlussbericht der Enquetekommission ‚Finanzierungsoptionen des öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels‘, Drucksache 16/13950, Tagesordnungspunkt 6, am 26. Januar 2017. Es gilt das gesprochene Wort.

 

„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrte Damen und Herren,

die Enquetekommission IV des Landtag NRW legt heute ihren Abschlussbericht vor. Wir haben uns zwei Jahre lang mit den Finanzierungsoptionen des öffentlichen Personenverkehrs in Nordrhein-Westfalen im Kontext des gesellschaftlichen und technischen Wandels befasst, so der Titel. Die Ergebnisse dieses interfraktionellen Prozesses werden wir heute gemeinsam im Parlament diskutieren.

Wir GRÜNE sehen viel Einigkeit am Ende dieses Prozesses. Alle Fraktionen bestätigen die hohe Bedeutung des Öffentlichen Personenverkehrs für die Gesellschaft. Alle Fraktionen möchten ein besseres Angebot und mehr Service.

Die Kommission hat viele sinnvolle Vorschläge für den Weg dorthin diskutiert. Als praktische Möglichkeiten wurden beispielsweise vorgeschlagen:

  1. Überjährige Fonds zur Finanzierung der Infrastruktur
  2. Lebenszyklusmodell der Infrastrukturfinanzierung
  3. Entwicklung eines „qualifizierten Regionalnetzes“
  4. Schaffen von leicht verständlichen, wiedererkennbaren Standards für Mobilstationen

Alle Handlungsempfehlungen müssen jetzt weiter konkretisiert werden und in die Umsetzung gehen. Mit dem ÖPNV-Gesetz haben SPD und GRÜNE bereits vorab erste Sonderförderungen zur Verfügung gestellt, z. B. für die Reaktivierung von stillgelegten Schienenstrecken oder für die nachholende Sanierung von Stadtbahnsystemen. Und auch zur Elektrifizierung bisheriger Dieselstrecken, damit die bereits grundsätzlich umweltfreundliche Bahn noch einen höheren Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten kann.

Wir GRÜNE wollen, dass mehr Menschen Bus und Bahn nutzen. Dazu ist ein Ausbau der Infrastruktur unverzichtbar. Hierzu benötigt der ÖPNV jedoch weitaus mehr Finanzmittel, als bisher zur Verfügung standen. Neben den Fahrgästen und dem Land müssen auch der Bund und die Kommunen sich verstärkt zu ihrer Verantwortung bekennen.

Dies gilt auch für diejenigen, die einen sogenannten Drittnutzen haben. Handel und Gewerbe, Arbeitgeber und Immobilien profitieren von guten ÖPNV-Anbindungen. Dass eine finanzielle Beteiligung dieser möglich ist, ohne das Arbeitsplätze gefährdet sind oder Mieten explodieren, beweist Frankreich mit der Abgabe „Versement Transport“. Auch in Deutschland ist das möglich. Schon heute gibt es einzelne Fälle, wo sich Privatunternehmen auf freiwilliger Basis an der Finanzierung des ÖPNV beteiligen.

Wichtig ist uns GRÜNEN aber vor allem: Die Benutzung des ÖPNV muss einfacher gestaltet werden. Dazu gehören

  • eine transparente Tarifgestaltung,
  • die landesweite Angleichung von Apps und Infrastruktur-Vorgaben und
  • das Ausrichten des Angebots der Verkehrsunternehmen an den Bedürfnissen der Fahrgäste.

Um dieses „Fahrtziel Zukunft“ zu erreichen, haben wir GRÜNE den Mut, die Systemfrage zu stellen. Ist die jetzige zersplitterte Organisationsform des ÖPNV in NRW

  • mit diversen kommunalen Verkehrsunternehmen,
  • mit Städten und Kreisen als gesetzlichen Aufgabenträgern,
  • mit neun Tarif-Verkehrsverbünden und
  • mit drei Aufgabenträgerverbünden für den SPNV

die bestmögliche oder führt sie in die Sackgasse? Bedarf es nicht einer intelligenten, übergeordneten Steuerung der Arbeit der Zweckverbände; sei es in Form einer Landesverkehrsgesellschaft oder etwas ähnlichem? Und weil das so ist, findet sich die Forderung im Wahlprogramm meiner Partei wieder, dass das Interesse der Fahrgäste im Mittelpunkt stehen muss und dass sich die Strukturen an diesen auszurichten haben.

Andere zucken vor der Systemfrage zurück. Aller Defizite zum Trotz möchten sie unverrückbar am alten System unreformiert festhalten. An diesem Punkt waren wir uns in der Enquetekommission uneinig. Das will ich auch feststellen, dass nach zwei Jahren Diskussion nicht nur hier Differenzen zwischen den Fraktionen verbleiben.

Diesen punktuellen Differenzen zum Trotz beurteilen wir GRÜNE die Ergebnisse der Enquetekommission als Erfolg für den ÖPNV und für Nordrhein-Westfalen. Deshalb haben die Fraktionen SPD und GRÜNE einen Entschließungsantrag eingebracht. Alle zwei Jahre soll die Landesregierung dem Parlament berichten über die Umsetzung der formulierten Ziele der Enquetekommission. So bewahren wir den Erfolg der gemeinsamen Diskussionen und schaffen den nötigen politischen Druck und die Dynamik, beim ÖPNV am Ball zu bleiben.

Die vorzeigbaren Ergebnisse sind das Resultat der ausführlichen, fachlichen Diskussionen in der Enquetekommission. Für die offene, stets zielführende Diskussion bedanke ich mich auch ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen.

Last, but not least haben neben den Sachverständigen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung und der Fraktionen ein großes Stück zum Erfolg beigetragen. Ohne ihr Wirken im Hintergrund wäre die Arbeit der Kommission nicht so gelungen. Darum geht an sie mein ganz herzlicher Dank für ihre wertvolle Unterstützung.“

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