Veröffentlicht von Kölner Stadt-Anzeiger am 3. Januar 2017, Autor*innen Alexandra Feldhofer und Tobias Christ:
Nahverkehr in Köln: KVB macht das Umsteigen teurer
Köln – Das Kurzstrecken-Ticket der KVB sorgt für viel Ärger. Der Preis ist unverändert geblieben. Aber Umsteigen ist ab jetzt nicht mehr möglich. Stattdessen muss seit Jahresbeginn bei einem Linienwechsel auch ein neues Ticket oder gleich ein Langstreckenticket gelöst werden.
„So macht man den ÖPNV unattraktiv“, schreibt ein Facebook-Nutzer und ein anderer: „Das hieße, dass ich vom Eifelwall (über Barbarossaplatz, Poststraße, Neumarkt) bis zum Heumarkt jetzt keine Kurzstrecke mehr hätte. Da ist aber Ärger vorprogrammiert.“ Auch auf der Straße reagierten die Kölner mit Unverständnis (siehe „Was halten Sie von der neuen Regelung?“).
Diskussion vorab
Die neuen Konditionen gelten nicht nur für das Stadtgebiet, sondern für das gesamte Gebiet des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS). Der Anstoß für die Neuerung kam vom VRS-Unternehmens-Beirat, dem alle 28 angeschlossenen Verkehrs-Unternehmen angehören, darunter auch die KVB. „Es galt, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen“, sagt KVB-Sprecher Matthias Pesch. Man habe um einer einheitlichen Lösung willen zugestimmt, „auch wenn es für einen kleinen Teil der Fahrgäste einen Nachteil bedeutet“.
Offenbar gab es in dem Gremium einige Diskussionen. Dem Vernehmen nach strebten Verkehrs-Unternehmen aus ländlicheren Gebieten die komplette Abschaffung der Kurzstrecken-Tickets an. Denn mit vier Stationen und einer Umsteige-Option können in schwach besiedelten Gegenden viel größere Distanzen zurückgelegt werden als in der Stadt. An dem günstigen Tarif besteht also zumindest im Umland nur geringes Interesse.
Eine einschränkende Entscheidung
Dirk Michel, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Stadtrat und Mitglied des Aufsichtsrats der KVB, sieht den jetzigen Kompromiss für Köln kritisch: „Neben dem zu hohen Preis ist die Einschränkung ein weiterer Nachteil für die Kurzstrecke in der Großstadt“, sagt er. Eine „Fehlentscheidung“ sieht Reinhard Houben, verkehrspolitischer Sprecher der FDP im Rat und Mitglied des Aufsichtsrats der KVB. „Das ist keine zukunftsorientierte Tarifpolitik“, sagt Michael Weisenstein (Die Linke). Anreize, vom Auto auf die Bahn umzusteigen, blieben so aus.VRS-Sprecher Holger Klein versichert, dass finanzielle Gründe keine Rolle bei der Entscheidung spielten. Denn von den jährlich 700 Millionen im VRS verkauften Tickets entfielen nur zehn Millionen auf die Kurzstrecke. Etwa sechs Prozent davon würden auch zum Umsteigen genutzt. „Die Mehreinnahmen sind also absolut gering.“ Vielmehr gehe es um Vereinheitlichung.
KVB lässt Kunden etwas Zeit zur Umstellung
Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr oder im Aachener Verkehrsverbund zum Beispiel habe es eine Umsteige-Möglichkeit noch nie gegeben. Auch verleite das Kurzstrecken-Ticket zum Missbrauch, so zum Beispiel beim Umstieg von der Bahn in den Bus, wo viele Kunden länger sitzen blieben als erlaubt. Touristen sei oft nicht klar gewesen, wie sie das Ticket nutzen dürfen, sagt Klein: „Richtig transparent war das System bisher nicht.“Ob die Neuregelung Bestand hat, wird sich zeigen. Die KVB gestehen ihren Kunden eine dreimonatige Kulanzzeit zu, in der keine Strafzahlungen verlangt werden. „Wir warten die Erfahrungen aus den drei Monaten ab“, so Pesch. Dann werde in den Gremien unter Umständen noch einmal diskutiert. „Wir beobachten das“, sagt auch Susana dos Santos Herrmann (SPD). Die politischen Vertreter haben bei der nächsten VRS-Verbandsversammlung im März Gelegenheit, zu diskutieren. Dann könne etwa eine Ausnahmeregelung für das Kölner Stadtgebiet angeregt werden, sagt Lino Hammer (Grüne). Bis dahin werden die KVB-Kunden umfangreich über die neue Kurzstrecke informiert – unter anderem mit Broschüren und Plakaten in den Fahrzeugen.
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