Seilbahn 1

Die Seilbahn und ihre Alternativen

Heute beschließt der Landtag in Düsseldorf das neue ÖPNV-Gesetz für Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW). In diesem ist klar geregelt, dass neben allen Arten von Bussen und Schienenverkehrsmitteln auch Seilbahnen und Fähren/Linienschiffe Bestandteile des ÖPNV sind, so fern auf ihnen die Fahrkarten der Verkehrsverbünde voll umfänglich Gültigkeit besitzen und sie keine vorrangig touristische Bedeutung haben. Dies gilt in Nordrhein-Westfalen bei Seilbahnen aktuell für drei bekannte Projekte, wobei die in Wuppertal und Bonn die bekanntesten sind.

Seilbahnen sind als öffentliches Verkehrsmittel grundsätzlich geeignet. Dies dürfte eigentlich unstrittig sein. In verschiedenen Städten haben sich Seilbahnen im ÖPNV bereits erfolgreich bewährt. Das sie dabei – entgegen den Behauptungen der Gegner – ein vergleichsweise kostengünstiges ÖPNV-Angebot darstellen, belegt schon die Auflistung der Städte und Länder, in denen sie verkehren. Diese sind allgemein nicht als besonders wohlhabend bekannt.

Das Seilbahnen nun auch in Wuppertal und Bonn von den dortigen Stadtverwaltungen ebenfalls ernsthaft in Erwägung gezogen werden, ist in der Topographie begründet. Die meisten Fahrgäste kommen in beiden Städten aus der jeweiligen zentralen Tallage, während sich die Ziele auf den umliegenden Höhen befinden. In Wuppertal ist dies vorrangig die Bergische Universität und in Bonn das Uni-Klinikum auf dem Venusberg. Beiden Städten ist gemein, dass das jeweilige Straßennetz zumindest zur Hauptverkehrszeit ausgelastet ist, keinen weiteren Zuwachs verkraftet und die Busse des kommunalen Linienverkehrs im Stau stehen und auch über ihre geographisch bedingten langen Wegestrecken unattraktiv lange Fahrtzeiten ausweisen.

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es sowohl in Wuppertal, wie auch in Bonn Gegner auch dieser Projekte des öffentlichen Personennahverkehrs. In Aachen, Bielefeld und Oberhausen gelang es Initiativen bereits, zum Schaden der Verkehrsentwicklung der dortigen Städte, Straßenbahn-Neubaustrecken zu verhindern.

Als Kritik werden von der Gegnern der beiden Seilbahn-Projekte ökonomische und ökologische Kriterien angeführt. Es wird dabei geflissentlich übersehen, dass diese Kriterien im Genehmigungsverfahren zwingend einer Prüfung unterzogen werden. Nur Projekte die einen positiven Kosten-Nutzen-Faktor haben, können vom Land Nordrhein-Westfalen überhaupt gefördert werden.

Dies bedeutet, dass der volkswirtschaftliche Nutzen, die Kosten übersteigen muss. Deshalb ist allen Argumenten angeblicher Steuergeld-Verschwendung von Anfang an der Boden entzogen. Die in Aachen, Bielefeld und Oberhausen von den Gegnern vorgetragenen Argumente, dass die Städte so arm sind, dass sie Stadtteil-Bibliotheken schließen und keine 40.000 Euro für ein Sozialprojekt hätten, sind vor diesen rechtlichen Rahmenbedingungen im höchsten Maße unredlich und rein populistisch.

In den erwähnten Städten ging es den Straßenbahn-Gegnern hauptsächlich darum, dass sie die Parkplätze in ‚ihren‘ Straßen nicht verlieren wollten, lange Bauzeiten und Geräuschbelästigungen befürchteten und es ‚denen da oben‘ mal zeigen wollten. Aus ehrlichen, persönlichen Gesprächen ist bekannt, dass die Gegner der Seilbahn-Projekte Verkehrsprobleme an den Stationen befürchten, vor allem aber Ängste haben, dass Seilbahnen bis nach Mitternacht an ihren Häusern vorbei rauschen und deren Fahrgäste auf ihre Grundstücke und in ihre Wohnungen schauen können und dadurch auch ein Wertverlust einhergeht.

Diese Argumente müssen von den Städten ernstgenommen und beispielsweise bei der Trassen-Entscheidung Berücksichtigung finden. Mit der Entscheidung Prof. Heiner Monheim, einen bekannten Seilbahn-Unterstützer, zum Moderator für das Bürgerbeteiligungsverfahren zu machen, hat sich die Stadt Bonn einen Bärendienst erwiesen. Die Bürgerschaft kann dadurch in der Tat den Eindruck gewinnen, dass sie von ihrer Stadtverwaltung nicht ernst genommen werden soll.

Genauso wie man von der Kommune ein sachgerechtes und rechtsstaatliches Verfahren erwarten muss, kann von den Gegnern aber auch erwartet werden, dass sie taugliche Alternativen benennen. Denn eins muss jedem klar sein: ein unverändertes Weiterso geht im Interesse des Uniklinikums, der Patienten, der Arbeitnehmer und der Bewohner auf dem Venusberg nicht! Das bisherige Straßennetz und Busangebot ist ausgereizt und kann die erwarteten Verkehrszuwächse nicht verkraften.

Die bisher hörbaren Vorschläge der Seilbahn-Gegner, E-Busse und Fahrradrouten, sind dies keinesfalls. Sie sind keine ernsthafte Alternative zu einer neuen, kurzen, weitgehend geradlinigen und vom sonstigen Verkehr unabhängigen ÖPNV-Trasse. Die E-Busse ständen ohne Straßenausbau im selben Stau wie die Dieselbusse. Verschwiegen werden darf in diesem Zusammenhang auch nicht, dass ein einziger zusätzlicher Bus rund eine Viertelmillion Euro jährlich an Kosten erzeugt, die von den SWB und damit von der Stadt komplett Jahr für Jahr zu tragen wären. Und das Tausende von Arbeitnehmern, selbst bei einem kostenlosen Fahrradverleihsystem und neuen, gut ausgebauten und beleuchteten Radwegen durch den Wald sowohl bei Regen, als bei sommerlicher Hitze komplett und jeden Tag aufs Rad umsteigen, um zum Uniklinikum auf dem Berg sportlich radelnd zu gelangen, glauben selbst die größten Optimisten nicht wirklich.

Was sind die Alternativen zur Seilbahn?

Dass das Uniklinikum auf dem Venusberg Schritt für Schritt mit Hunderten von Millionen Euro Landesmitteln ausgebaut wird – wofür wir dankbar sind – und damit auch neue Arbeitsplätze entstehen, ist ein riesiger Gewinn nicht nur für die Forschung und die Gesundheitsvorsorge, sondern auch für Bonn und die Region. Dies geht aber leider zwangsweise einher mit immer steigenden Verkehrsbedürfnissen, worunter nicht nur die Bewohner des Venusbergs bereits heute leiden.

Sollte keine neue leistungsfähige ÖPNV-Trasse gebaut werden, wird ein Straßenausbau zumindest mittelfristig unvermeidlich sein. Es wäre ansonsten unverantwortlich, dass auch Rettungsfahrzeuge vermehrt im Stau hoch zum Venusberg stehen. Ein vierspuriger Ausbau der Hausdorffstraße, ein dreispuriger Ausbau der Eduard-Otto-, der Graf-Stauffenberg- und der Robert-Koch-Straße wäre dabei zumindest gleich kostenträchtig wie der Bau der Seilbahn. Aber wäre dieser Straßenausbau eine ökologisch und stadtgestalterisch verträglichere Alternative? Ein Straßenneubau aus Richtung Bad Godesberg zum Venusberg kann auf jeden Fall niemand, der Bonn und den Wald wertschätzt, ernsthaft als Alternative erwägen.

Auch hier gilt: Entscheidend ist das Gemeinwohl. Dies tritt aber in einer individualisierten Gesellschaft leider immer mehr in den Hintergrund.

Verwandte Artikel