Landtag Plenarsaal Plenum

Neues ÖPNV-Gesetz NRW verabschiedet

Bundesrats-Initiative zu eigenwirtschaftlichen Verkehren/Personenbeförderungsgesetz des Bundes

Nach langer und intensiver Beratung hat der NRW-Landtag am 14.12.2016 das neue ÖPNV-Gesetz des Landes NRW im Plenum beschlossen. Die Novellierung wurde nicht nur aus formalen Gründen wie der auslaufenden Befristung des alten Gesetzes notwendig, sondern auch, um zahlreiche von uns erreichte inhaltliche Neuerungen festzuschreiben.

Mit der Revision des Regionalisierungsgesetzes des Bundes konnte jetzt rückwirkend zum 01.01.2016 eine Erhöhung der Bundesmittel für den SPNV/ÖPNV erreicht werden, wovon auch Nordrhein-Westfalen profitiert. Außerdem konnte erstritten werden, dass der bisherige Anteil NRWs an den bundesweiten Regionalisierungsmitteln von 15,76 Prozent schrittweise bis zum Jahr 2030 auf 18,99 Prozent angehoben wird (sogenannter Kieler Schlüssel). Damit erhält Nordrhein-Westfalen dann endlich die Mittel, die ihm nach Bevölkerungszahl und Verkehrsangebot zustehen; bis zum Jahr 2031 sind dies rund 26,4 Milliarden Euro.

Die ÖPNV-Pauschale an die kommunale Familie wird von uns ab 2017 jährlich um 20 Millionen Euro erhöht, sowie der Mindestbetrag für die pauschalierte Investitionsförderung um 30 Millionen Euro pro Jahr angehoben. Insgesamt werden wir im kommenden Jahr rund 1,59 Milliarden Euro für den SPNV/ÖPNV aufwenden.

Besonders hinweisen möchte ich auf die Fördertatbestände, die in § 13 ÖPNVG NRW auf unsere Initiative hin aufgenommen worden sind:

Unterhaltungsinvestitionen an Stadt- und Stadtbahnstrecken

Hauptsächlich in den 1970er und 1980er Jahren wurden auch in mittelgroßen NRW-Städten, dem damaligen Zeitgeist entsprechend, Straßenbahnstrecken teilweise unkoordiniert in den Untergrund verlegt. Doch nun sind die Tunnel und technischen Anlagen oftmals dringend erneuerungsbedürftig, ohne dass die Kommunen entsprechende finanzielle Rücklagen bilden konnten. Der Förderung vorzuschalten ist eine Untersuchung mit der überprüft werden soll, ob zum Beispiel eine Rückverlegung auf die Straßenebene im Einzelfall möglich und kostengünstiger wäre.

Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken

Mit den drei SPNV-Aufgabenträgern in NRW sollen stillgelegte Bahnstrecken festgelegt werden, auf denen wirtschaftlich vertretbar der Personenverkehr wieder aufzunehmen ist. Damit soll das Schienennetz auch außerhalb der Bevölkerungszentren wieder enger geknüpft und der verfehlte Rückzug der ehemaligen Bundesbahn aus der Fläche, wo machbar, korrigiert werden. An anderen Stellen sollen Schnellbus-Linien regionale Zentren untereinander und mit der Bahn verbinden. Insgesamt wird damit auch die Standortqualität des ländlichen Raums gestärkt. Im Einzelfall können vergleichsweise kostengünstig Bypass-Lösungen zur Umfahrung von hochbelasteten Bahnknoten geschaffen werden.

Elektrifizierung von Dieselstrecken

Auch die eigentlich schon umweltfreundliche Bahn hat ihren Anteil am Erreichen der Klimaziele zu leisten. In Nordrhein-Westfalen gibt es sogar noch S-Bahn-Strecken, die im 15-Minuten-Takt mit Diesel-Triebzügen befahren werden. Dies ist weder ökonomisch, noch ökologisch vernünftig. Auch hier soll zusammen mit den SPNV-Aufgabenträgern eine Liste zu elektrifizierender Bahnstrecken erstellt werden, die dann unter Beachtung gültiger Verkehrsverträge schnellstmöglich abzuarbeiten ist.

Förderung zukunftsfähiger Busantriebe

Es ist sehr kontraproduktiv, wenn alte Dieselbusse mit roter Plakette und Sondergenehmigung im Linienverkehr durch die Umweltzonen von NRW-Städten fahren. Auch und gerade der elektrifizierte ÖPNV kann und muss einen Beitrag dazu leisten, die Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung in den Städten zu reduzieren. Die Förderung soll einen deutlichen Impuls für die Anschaffung von Elektro- oder auch Brennstoffzellbussen geben und somit einen spürbaren Beitrag zur Luftreinhaltung liefern. Die Umstellung kompletter Stadtnetze im Linienbusverkehr auf umweltfreundliche Antriebe ist das mittelfristige Ziel.

Herstellung der Barrierefreiheit

Bereits seit Jahren ist allen Kommunen bekannt, dass nach dem Personenbeförderungsgesetz des Bundes (PBefG) der kommunale ÖPNV ab dem Jahr 2022 komplett barrierefrei nutzbar sein soll. Trotzdem mussten wir auf Landesseite feststellen, dass etliche Städte und Gemeinden hier ihre Hausaufgaben bisher nur mangelhaft erledigt haben. Um die Kommunen bei ihrer Aufgabe finanziell zu unterstützen und die Nutzung des ÖPNV für mobilitätseingeschränkte Personen möglichst frühzeitig zu erleichtern, wurde der Fördertatbestand „Barrierefreiheit“ im ÖPNVG neu verankert.

Außerdem wurde der Gesetzestext präzisiert. Seilbahnen und Fähren/Linienschiffe wurden bei Gültigkeit der Verbundtarife als förderfähiger ÖPNV anerkannt. Darüber hinaus werden Schienennetze in besonderem Landesinteresse gefördert. Die Mittelverteilung zwischen den Aufgabenträgern in Westfalen, im Rheinland und an der Ruhr wird – genauso wie zwischen den 16 Bundesländern – transparent nach festgelegten Kriterien gerecht geregelt.

Schließlich haben wir gemeinsam mit der SPD als regierungstragende Fraktionen den Gesetzentwurf der Landesregierung nach dem Anhörungsverfahren noch an zwei Stellen geändert:

Wir haben die Befristung in § 12 ÖPNVG NRW aufgehoben und damit sichergestellt, dass auch nach 2019 (nach dem Auslaufen des Entflechtungsmittelgesetzes) die Mittel in der gleichen Höhe wie jetzt vom Bund gewährt und ab dann über den Landeshaushalt geleistet werden. Damit haben alle Beteiligten Planungssicherheit. So können die Aufgabenträger als Zuschussgeber auch neue Förderanträge der Kommunen und ihrer Verkehrsunternehmen ab sofort nicht mehr mit dem Argument fehlender Finanzierungssicherheit ablehnen. Ein starkes und nachhaltiges Signal für den ÖPNV in Nordrhein-Westfalen: Das Land ist ein verlässlicher Partner und Motor.

Eine weitere Änderung betrifft § 11 a ÖPNVG NRW: Es soll in das Ermessen des jeweiligen Pauschalenempfängers gestellt werden, ob er die Weiterleitung des Anteils der Ausbildungsverkehr-Pauschale über einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder eine allgemeine Vorschrift nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ausgestaltet. Diese Regelung ermöglicht Kommunen Entscheidungsfreiheit.

Initiative zu eigenwirtschaftlichen Verkehren im Bundesrat/Änderung des PBefG

In diesem Kontext gibt es auch eine Initiative unserer rot-grünen Landesregierung im Bundesrat zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes des Bundes, die aufgrund eines Antrages von uns und der SPD tätig geworden ist. Wir wollen für faire Arbeitsbedingungen eintreten und die Zerschlagung kommunaler Strukturen und lokaler Verkehrsunternehmen durch vermeintlich dauerhaft eigenwirtschaftlich zu erbringende ÖPNV-Leistungen verhindern.

Mit dem Antrag greifen wir das offensichtliche Missverhältnis auf, welches zwischen der Regelung über eigenwirtschaftliche Verkehre im Personenbeförderungsgesetz auf der einen Seite und der Lebenswirklichkeit auf der anderen Seite besteht. Der Bundesgesetzgeber hat den bislang im PBefG verankerten genehmigungsrechtlichen Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre grundsätzlich beibehalten. Aktuelle Fälle belegen, dass Handlungsbedarf besteht. Das derzeit gültige PBefG weißt an mehreren Stellen Lücken auf: Unter anderem bei der Sicherung sozialer Standards für die Beschäftigten, bei der Überprüfung der Kalkulation eigenwirtschaftlicher Anträge, sowie der rechtssicheren Absicherung weiterer Qualitätsstandards bei der Beurteilung der Genehmigungsanträge. Deswegen muss das PBefG hier angepasst werden.

Über den Bundesrat sollen durch eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes einzelne Regelungen zum Antrags- und Genehmigungsverfahren für den öffentlichen Personennahverkehr angepasst werden. Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre muss konkretisiert werden, damit von den Aufgabenträgern im Rahmen der Vorabbekanntmachung vorgegebene soziale und qualitative Standards im Interesse der Beschäftigten und der Fahrgäste auch als Vorgaben für die Genehmigung eigenwirtschaftlicher Verkehre gelten und die Kostendeckung der beantragten Verkehrsleistung für die gesamte Genehmigungsdauer nachzuweisen ist.

Wir wollen die kommunalen Verkehrsunternehmen sichern und den Städten und Kreisen ermöglichen, auch zukünftig ihr ÖPNV-Angebot zeitnah nachfrageentsprechend anzupassen.

Den Wortlaut des ÖPNVG NRW und die Beschlussempfehlung sind dem jeweiligen Link zu entnehmen.

 

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