Rolf Bahnhof RE Zug RE5 Bonn

Regionalisierungsmittel: Der Vermittlungsausschuss tagt erstmals. Der Bund muss seine verfassungsgemäßen Verpflichtungen erfüllen.

Regionalisierungsmittel: 

Der Vermittlungsausschuss tagt erstmals. Der Bund muss seine verfassungsgemäßen Verpflichtungen erfüllen.

Rolf Bahnhof RE Zug RE5 Bonn

Am 9. September gibt es in Berlin ein Novum in dieser Legislaturperiode: Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag tritt zusammen. In Zeiten einer Großen Koalition die absolute Ausnahme. Dabei geht es um den seit Jahren schwelenden Konflikt um die Fortführung und die Höhe der Regionalisierungsmittel des Bundes für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Verhandelt wird über einen von den Ländern eingebrachten Gesetzentwurf.

Die „Regionalisierung“ des SPNV ist ein Erfolg der Bahnreform 1994: Vorher fuhr die Deutsche Bundesbahn im Nahverkehr auf der Schiene. Dies wurde so geändert, dass die Bundesländer den Nahverkehr organisierten. Da sie damit Aufgaben des Bundes übernommen haben, zahlt der Bund dafür einen finanziellen Ausgleich: Die „Regionalisierungsmittel.“ Diese sind über das Grundgesetz garantiert. Und die Länder zahlen daraus die Zuschüsse zum Schienennahverkehr. Und sie geben die Aufträge nicht einfach an die Deutsche Bahn, sondern im Wettbewerb auch an private Anbieter. Dadurch wurde der Wettbewerb der Bahnunternehmen gestartet. Der zuvor eher wenig attraktive Schienennahverkehr erfuhr in den letzten zwanzig Jahren einen Qualitäts- und Modernisierungsschub. Seitdem steigen die Fahrgastzahlen kontinuierlich.

Dr. Stephan Barth  / pixelio.de

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Doch die Entwicklung ist an ihre Grenzen gekommen. Denn die Kosten im Schienenverkehr steigen: Die Preise für die Benutzung von Gleisen und Bahnhöfen, welch die DB erhebt, werden immer teurer, Umbauarbeiten für die Barrierefreiheit stehen ebenso an. Hinzu kommen höhere Personalkosten. Und schließlich gibt es eine extreme Ungleichbehandlung von NRW: Denn obwohl in NRW 21 % der Bevölkerung wohnen, gibt es nur knapp 16 % der bundesweiten Mittel.

Die Bundesländer haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen einheitlichen Kurs geeinigt, der auch durch ein Gutachten untermauert ist:

  • Aufstockung der Regionalisierungsmittel von ca. 7,4 Mrd. auf ca. 8,5 Mrd. Euro
  • Höhere jährliche Steigerung von mindestens 2 % (statt 1,5 %)
  • Mittelfristig bessere Quote für NRW (19 % statt 16 %)

Allein für NRW machte das in der Summe langfristig 500 Millionen Euro mehr pro Jahr!

Bei der Bundesregierung stößt die berechtigte Forderung auf taube Ohren: Im Bundestag hat sich die GroKo-Mehrheit lediglich für die Fortsetzung der bisherigen Regelung ausgesprochen:

  • 7,4 Milliarden Euro
  • 1,5 % jährliche Steigerung.
RB23 Voreifelbahn Talent1

Eine Einigung zwischen Bund und den geschlossen auftretenden Ländern gab es nicht. Daher haben die Länder einen Gesetzentwurf, das „Dritte Gesetz zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes“, eingebracht. Dieser enthält die Forderungen der Länder und wird nun im Vermittlungsausschuss beraten.

Im Bundesfinanzministerium gibt es jedoch leider andere Überlegungen: Das Thema Regionalisierungsmittel soll mit den Neuregelungen des Bund-Länder-Finanzausgleichs verbunden werden. So würde der Kampf für die vom Grundgesetz garantierten Regionalisierungsmittel Teil des Basars zwischen Bund und Ländern. Aber der Bundesrat stellte per Beschluss klar: Die Regionalisierungsmittel für den SPNV können nicht Gegenstand der Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs sein. Grund ist die eindeutige im Grundgesetz festgeschriebene Regelung zur Finanzierung des SPNV.

Foto: frühere TALENT-Triebzüge auf der RB23

Foto: frühere TALENT-Triebzüge auf der RB23

Dringend notwendige Verbesserungen im Nahverkehr auf der Schiene werden durch die unklare Lage gebremst. Zahlreiche ungelöste Finanzfragen, von Flüchtlingshilfe bis „Eurokrise“ sorgen dafür, dass beim Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern andere Themen wie die Fortführung der kommunalen Verkehrsfinanzierung, nachrangig behandelt werden. Für uns GRÜNE ist klar, dass der Nahverkehr auf der Schiene losgelöst von anderen Verhandlungen betrachtet und am Ende gestärkt werden muss.

Weitere Aufgaben stehen denn auch noch bevor: Ende 2019 laufen das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und die sogenannten Entflechtungsmittelaus. Über beide Instrumente werden neue Nahverkehrsprojekte von Ländern und Kommunen bezuschusst. Wir Grüne fordern unbedingt eine Fortschreibung beider Finanztöpfe.

Bahnhof Mehlem Collage

Gerade weil ab 2020 das Neuverschuldungsverbot für die Bundesländer gilt, drängt die Zeit. Das scheint weit weg, aber bereits heute sind Projekte im Bereich der SPNV/ÖPNV-Infrastruktur gefährdet. So ist eine seriöse Finanzplanung der die erst nach 2019 fertiggestellt werden können, wegen der Unklarheit über die Fortführung der Bundeszuschüsse bereits heute nicht mehr möglich. Eigenverantwortlich können solche Projekte nicht mehr begonnen werden, solange die Finanzierungsregelungen zwischen Bund und Ländern für die Zukunft ungeklärt sind. Dies führt in NRW beispielsweise dazu, dass der für den Süden des Landes zuständige Nahverkehr Rheinland (NVR) neue Zuschussanträge selbst für inhaltlich absolut notwendige Maßnahmen nicht mehr bewilligen kann.

So zeigt sich: Bei allen drei Finanztöpfen für den Nahverkehr müssen Stillstand und Unsicherheit endlich beendet werden. Wir GRÜNE sagen: Der Bund muss sich bewegen! Sonst gefährdet er einen attraktiven Nahverkehr vor Ort. Und ohne diesen wird die Verkehrswende nie gelingen können.

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