Erich Westendarp / pixelio.de

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NRW bleibt Herzland des Fernverkehrs

Die Rede von Rolf Beu, Sprecher für ÖPNV und Bahnpolitik der NRW-Landtagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, zum Antrag der CDU „Nahverkehr und Fernverkehr verbessern“ im Landtag NRW:

Erich Westendarp / pixelio.de

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Rolf Beu (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Antrag zweimal gelesen und mich jedes Mal gefragt, welche Zielrichtung er eigentlich verfolgt. Nach der Überschrift beantragt die CDU-Fraktion ja eigentlich etwas Selbstverständliches: „Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen ausbauen – Fernverkehr erhalten“. Dagegen dürfte keiner etwas haben. Wer will das Gegenteil? Ich glaube, niemand.

Etwas weiter kommen Sie zu dem Thema „RRX“. Dazu fällt mir nur ein, dass die Vereinbarung zur Realisierung des RRX zwischen Bund, Land und DB AG bereits im Jahr 2010 unterzeichnet wurde. Das Ministerium und wir alle haben uns zumindest bisher sehr vereinbarungstreu gezeigt. Die Modalitäten waren immer Grundlage des Handelns, wie wir auch eben beim ÖPNV-Gesetz wieder feststellen konnten.

Wo haben tatsächlich Leistungsreduzierungen stattgefunden? Die Deutsche Bahn AG – AG ist nur ein Pseudonym, in Wirklichkeit ist es ein hundertprozentiges Bundesunternehmen, Aktien der AG sind nirgendwo zu erwerben – hat das Interregio-Netz im Jahr 2007 endgültig stillgelegt. Ich habe in alten Protokollen gelesen, dass Ihr ehemaliger Kollege Lorth das vor fünf Jahren in diesem Haus selber sehr bedauert hat. Das Interregio-Netz ist weg.

Richtig ist auch, dass die Deutsche Bahn AG durchaus Stilllegungspläne hegt. Das wollen wir gar nicht in Abrede stellen.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

– Ja, Herr Kollege. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sollen wir uns von der Deutschen Bahn AG erpressen lassen, wie sie es beispielsweise in Rheinland-Pfalz versucht hat? Ich hoffe nicht, dass die Intercity-Linie Köln–Bonn–Koblenz–Luxemburg im NRW-Teil bedroht ist. Aber zumindest zwischen Koblenz und Luxemburg wurden bereits zum Dezember vorigen Jahres die meisten IC-Verbindungen eingestellt, weil sich Rheinland-Pfalz geweigert hat, für diese Fernverkehrsleistungen zu zahlen. Als Ergebnis gibt es jetzt stattdessen Regionalexpress-Linien, die die Taktlücke schließen, die der Bund und das Bundesunternehmen DB AG auf der Moselstrecke verursacht haben, betrieben in Eigenleistung von Rheinland-Pfalz.

Dann kommen Sie mit dem Hinweis auf die Intercity-Verbindung nach Norddeich, also der Emdener IC-Strecke. Auch ich würde unterschreiben, dass es dort keine riesigen Bedarfe gibt. Wo hält dieser IC denn? Er hält in Norddeich, er hält in Emden, er hält in Leer, er hält in Papenburg, er hält in Meppen, er hält in Rheine – das heißt, er hält eigentlich alle 25 km. Damit hat er eigentlich nur die Wirkung eines Regionalexpresses, wie wir ihn hier in NRW kennen. Deshalb kann man durchaus die Frage stellen: Ist es richtig, da noch einen IC fahren zu lassen? Wäre in dem Fall nicht ein Regionalexpress ein durchaus adäquates Angebot, über das das Land und die DB AG verhandeln sollten? Das ist wirklich grenzwertig. Es ist im Prinzip ein Folgeprodukt des Interregio.

Hier kann man nur sagen: NRW bleibt Herzland des Fernverkehrs zwischen Nord und Süd in Deutschland, bleibt Herzstück des Fernverkehrs zwischen West und Ost in Deutschland. Wir wissen, dass andere Projekte sogar neu aufgeladen werden sollen, auch wenn sich die Bahnindustrie durchaus als sehr verbesserungsbedürftig zeigt, Stichwort „ICE-Verbindung Frankfurt–Köln–Aachen“ – ganz bewusst gesagt – und weiter nach London, obwohl es da immer noch Probleme gibt.

Wir befürchten also nicht, dass der Fernverkehr hier eingestellt wird. Aber Verbesserungen sind immer notwendig. Wir dürfen uns von der Deutschen Bahn AG allerdings nicht erpressen lassen; denn ihre Eigenwirtschaftlichkeit ist höchst umstritten.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Rolf Beu (GRÜNE): Entschuldigung, noch einen Satz, dann ja. – Ich brauche nur die Diskussion um Trassenpreise und Stationsentgelte zu erwähnen. Im Prinzip werden wirtschaftliche Strecken unwirtschaftlich gefahren, wenn die DB die eigenen Preise zahlen muss.

Vizepräsident Daniel Düngel: Eine Zwischenfrage des Kollegen Rehbaum. Bitte schön.

Henning Rehbaum (CDU): Herr Kollege, was werden Sie den Bürgern in Münster, Paderborn oder Bonn sagen, wenn die Intercity-Verbindungen dort tatsächlich gestrichen werden?

(Beifall von der CDU – Bernhard Schemmer [CDU]: Pech gehabt!)

Rolf Beu (GRÜNE): Ich hatte gerade versucht Ihnen darzulegen, Herr Rehbaum, dass die Verantwortung für den Fernverkehr bei der Deutschen Bahn AG liegt. Das heißt, nicht der Landtag von Nordrhein-Westfalen ist in der Verpflichtung, auch die Verkehrsverbünde mit ihrem Regionalangebot sind es nicht. Ich würde sagen – das ist mein letzter Beitrag –, die DB AG hat diese Maßnahme ergriffen, weil sie vom Bund dazu gezwungen wird, ihre Eigenwirtschaftlichkeit über hohe Trassen‑ und Stationsentgelte nachzuweisen. Das führt dazu, dass die Mittel, die angeblich als Gewinne vorhanden sind, im Bundeshaushalt verschwinden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

 

Die Rede ist auch unter dem folgenden Link zu finden:
http://gruene-fraktion-nrw.de/parlament/parlamentarisches/reden/redendetail/nachricht/rolf-beu-nrw-bleibt-herzland-des-fernverkehrs.html

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